Comic-Kritik: „Fürchtetal“ von Markus und Christine Färber

Triggerwarnung: dieser Text enthält Erwähnungen von Suizid.

Es gibt wenig Themen, die mich so drastisch an die Grenzen von Sprache stoßen, wie die Trauer. Wie begegne ich einer Person, die ein Familienmitglied, eine Freundin oder einen Angehörigen verloren hat? Trauer wird in unserer Gesellschaft oft verhüllt mit Plattitüden, mit Postkartensprüchen, die vor allem Ausdruck einer gewissen Sprachlosigkeit sind.

Die Geschwister Markus und Christine Färber suchen in ihrem neuen Comic Fürchtetal Worte und Bilder für ihre persönliche Trauer. Im Zentrum der Handlung steht der Tod des gemeinsamen Vaters, der sich 2019 überraschend das Leben nahm. Über einen künstlerischen Dialog begeben sich Bruder und Schwester zurück in die Landschaften ihrer Kindheit, in einen Wald in der Nähe der fränkischen Kleinstadt, in der sie aufwuchsen. Wie ein sich windender Pfad führen die Worte von Christine Färber durch das Buch und bilden eine Kette aus einzelnen Momenten, Gedanken und Erinnerungen. Dem gegenüber stehen die Zeichnungen von Markus Färber, der mit breitem Pinselstrich und dichten Grautönen melancholische und manchmal fantastische Bilder für das Erlebte findet.

© Rotopol

Fürchtetal hat aufgrund seiner Erzählweise etwas Schweifendes und Suchendes. Fast assoziativ widmen sich viele Passagen den Kindheitserinnerungen des Künstlerduos, kehren dann jedoch wieder und wieder zu bestimmten Erlebnissen zurück. Einer dieser Erzählstränge ist das letzte Treffen der Geschwister mit ihrem Vater, als dieser aufgrund seiner psychischen Verfassung stationär in einer Klinik behandelt wurde. Markus Färbers Zeichnungen nutzen in solchen Passagen gezielt das Mittel der Abstraktion: der Vater wird zum Beispiel nur durch eine schematische Darstellung seines Kopfes gezeigt, der unförmig auf dem Bett oder im Raum liegt. Dieses Stilmittel mag zunächst rätselhaft scheinen, eröffnet dem Comic jedoch im weiteren Verlauf vielfältige Bedeutungsebenen. Den Mittelpunkt von Fürchtetal bilden ohne Zweifel die Gefühle der Geschwister, die beide auf ihre Weise mit dem persönlichen Verlust zu kämpfen haben. Allein für diese vielfältigen Darstellungen der Trauer, für die die Mittel des Comics auf kreative Weise genutzt werden, lohnt sich die Lektüre des Buches.

© Rotopol

Fürchtetal
Markus & Christine Färber (GER)
2021
Rotopol

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